„Warum kannst du in deiner Heimat nicht mehr leben?“, fragt Florian das stille Mädchen, das neu in seine Kindergartengruppe gekommen ist. Der Ukraine-Krieg und der Kontakt mit geflüchteten Kindern rücken die Themen Sicherheit, Entwicklung und die Gleichbehandlung plötzlich ganz deutlich in den Mittelpunkt – auch für die Kleinsten der DIE KITA-Kindertagesstätten. Der Weltkindertag 2022, ausgerufen vom Deutschen Kinderhilfswerk und UNICEF, steht daher passend unter dem Motto „Gemeinsam für Kinderrechte“. Diese sind in der UN-Kinderrechtskonvention 1989 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet und heute von den meisten Staaten der Erde ratifiziert worden. Dennoch sind sie in vielen Teilen der Welt, auch in Deutschland, im Alltag nicht selbstverständlich. Sie werden durch Menschen, aber auch durch Epidemien wie die Corona-Krise oder den Klimawandel verursacht.
Individuum und Gemeinschaft
Die Fachkräfte spüren, dass die aktuellen Entwicklungen viele Kinder beschäftigen und arbeiten das Thema „Kinderrechte“ derzeit gemeinsam auf. So blicken etwa die Mädchen und Jungen im Johann-Eck-Kindergarten auf ihre bisherige Kindheit zurück. Anhand eigener Babyfotos philosophieren sie zu Fragen wie „Wo komme ich her? Was konnte ich als Baby und was kann ich jetzt?“ Die eigenen Stärken und Bedürfnisse stehen dabei ebenfalls im Mittelpunkt. Schließlich kommen alle zu dem Schluss: „Ich bin gut so wie ich bin! Ich bin aber auch Teil einer Gemeinschaft: im Kindergarten, in der Schule oder der Familie!“ Dort haben alle das Recht, sich frei zu entfalten – genauso wie andere Lebewesen. Mit Liedern, religiösen Bilderbüchern, Tierbeobachtungen und einer Schatzsuche feiern die Kinder ihr Motto: „Alles Leben ist wichtig und wertvoll!“ Das tragen die Kinder sicher auch nach der gemeinsamen Andacht und einer Ausstellung zu den Inhalten noch lange im Bewusstsein.
Was brauchen Menschen, Tiere und Pflanzen zum Leben?
Dass dieses Leben ein paar Dinge braucht, um zu wachsen und zu gedeihen, erleben die Kinder der Integrativen Montessori-Kindertagesstätte Waaggasse am Beispiel einer Sonnenblume. Gemeinsam denken sie über die Existenz von Pflanzen, Tieren und Menschen nach: Was brauchen sie zum Leben? Das Kinder-Mut-mach-Lied regt dabei zu Ideen an. Am Ende des Tages nehmen die Mädchen und Jungen ein kleines Set mit nach Hause, das unter anderem ein Glas, Erde und Samen beinhaltet, um ihre eigene Sonnenblume anzupflanzen.
Eigenes Handeln, Partizipation und Selbstwirksamkeit sind ebenfalls Teil der Kinderrechte wie sie in der UN-Kinderrechtskonvention verabschiedet wurden. Auch in den Einrichtungen genießen die Wünsche und Meinungen der Kinder hohen Stellenwert. In der jüngsten Kinderkonferenz des Kindergartens Auferstehungskirche haben die Gruppen etwa entschieden, die „Tiere“ am Weltkindertag in den Mittelpunkt zu stellen. Was zunächst zusammenhanglos erscheint, stellt jedoch eine Balance und ganz besondere Nähe her: „Wir haben viele neue Kinder, die noch nicht gut Deutsch sprechen. Tiere kennen alle Kinder. Bei den Spielen dazu können zum Beispiel alle Kinder gut mitmachen“, erklärt Leiterin Katrin Hammer. In weiteren Aktionen soll es um die Frage gehen: Was brauchen Kinder, damit es ihnen gut geht? Ein Aspekt könnte der Kontakt zu Tieren sein. Im Spiel mit dem Kindergarten-Hund Dorle können es die Mädchen und Jungen gleich herausfinden.
Auch die Bundesvereinigung Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder e.V. (BETA) setzt sich unter dem diesjährigen Motto „Kinder haben Rechte auf Leben und Entwicklung“ dafür ein. Die Kinderrechte basieren auf vier Grundprinzipien: Diskriminierungsverbot, Recht auf Leben und persönliche Entwicklung, Kindeswohlvorrang und Recht auf Beteiligung.