„Mehr als basteln“: Neben dem Atelier ist nun auch die „Remida“, das kreative Materiallager und Recyclingcenter, in der DIE KITA Kindertagesstätte „Sonnenschein“ in Thurnau fertiggestellt. Im neuen Kreativbereich lassen nun ganz besondere Materialien wie Farben aller Art, Ton, aber auch Bürsten oder Schneebesen die Kinder sich entfalten, austesten und selbstständig werden. Welche Rolle spielen dabei die örtliche Industrie, der Handel, das Handwerk und Gewerbe?
Folienstreifen, Stanzbleche, Papprollen, Verschlüsse, Fliesen in einer Kindertagesstätte? Aber klar! Die DIE KITA Kindertagesstätte „Sonnenschein“ bietet den Kindern ganz bewusst reale Materialien für ihre Auseinandersetzung mit der Welt. Diese „Schätze“ warten in der neuen „Remida“ auf ihren Einsatz. Dieses aufwendig und nach reggiopädagogischen Maßstäben gestaltete „Lager“ und Recyclingcenter bildet die konsequente Ergänzung des zuvor neugestalteten Ateliers der Einrichtung. Im Fokus dieses Konzepts stehen dabei dieKinder als eifrige Entdecker der Welt: Sie wissen dabei selbst, was sie lernen wollen und entwickeln sich auf ihre eigene Weise weiter. Auf diesem Weg unterstützen Fachkräfte und Eltern die Kinder, lenken sie aber nicht.
Doch gerade Kreativität braucht Raum und Angebot: Es stimmt, dass die interessantesten Dinge für Kinder diejenigen sind, die nicht für sie gemacht sind. Sie haben enormen Aufforderungscharakter. Das reichhaltige Materialangebot finden die Mädchen und Jungen deshalb übersichtlich und klar strukturiert in den Regalen. Drahtschubladen geben den Blick auf den Inhalt bei gleichzeitiger Ordnung frei, beinahe alles ist für die kleinen Hände erreichbar. Lediglich Materialien wie Glasfläschchen, Schaschlikspiese, besonderes Papier, etc. wollen von den Mitarbeitenden ausgegeben werden.
Unfertiges setzt Fantasie frei
Ungewöhnlich – und wertvoll. „Kinder brauchen zum Forschen und Arbeiten Dinge, die sie gestalten, aus denen sie etwas entwickeln können, die real und ihrem Forscherdrang gewachsen sind. Knöpfe, Perlen, Schnüre, Kabel, Maschendraht...“, zählt Bettina Roder, Leiterin der Einrichtung auf. „Gerade auch unfertige Materialien setzen Fantasie und Imagination frei. Was finde ich in der Remida für mein Flugzeug? Kann ich mit dem großen Joghurtbecher vielleicht meinen Roborter fertigbauen?“
Im Atelier und der Remida ist immer viel los: War so manch ein Kind vor einigen Tagen noch ehrfurchtsvoll vor den Regalen gestanden, so entstehen schon beim Eintreten in den Raum die ersten kreativen Ideen. Die Mädchen und Jungen sitzen an den Tischen, vor sich ausgebreitet Moosgummi und verschieden große Nudeln. Neben ihnen entstehen in der Sandwanne körnige Kunstwerke. Andere Kinder malen im Nassmalbereich großflächig einen Wald an die Wand. Sie testen aus, sie kombinieren, sie ersetzen, sie genießen. Manch ein Künstler ist dabei still in sich versunken, am Nebentisch konstruieren drei Jungen gemeinsam ein Piratenschiff. Dabei wird vor allem auch die Feinmotorik geschult.
Fachkräfte als Möglich-Macher
„Kreativ sein ist mehr als basteln“, betont Bettina Roder. „Kreativ sein bedeutet Ideen umzusetzen, die Sinne nutzen, über sich hinauswachsen, aufs Leben vorbereiten.“ Gerade diese Selbstständigkeit, die von der Materialauswahl bis zur Platzierung des eigenen Werks am Präsentationsregal gefordert werde, bereite auf das Leben vor, das durch seine Komplexität völlig neue Herausfordeurngen für die Kinder bereithalte. War einst ein festes Bastelangebot noch sinnvoll, so legt die Kindertagesstätte heute mehr Wert auf die Begleitung der Mädchen und Jungen. Denn die Fachkräfte verstehen sich als „Möglichmacher“. Sie geben keine Anleitung oder Ratschläge. Sie ermutigen und regen an, so etwa auch durch Impulse. Ein Tontisch oder ein Arrangement aus besonderen Farben eröffnet den Mädchen und Jungen neue Möglichkeiten. Natürlich gibt es auch klassisches und modernes Spielzeug in der Kindertagesstätte und es gibt auch Kinder, die lieber die meiste Zeit in der Bauecke oder in der Turnhalle verbringen. „Aber es gibt kein Kind, das sich nicht schon mal in der Remida bedient und im Atelier ausprobiert hat.“
Fachkräfte bündeln
Unter den Mädchen und Jungen sind auch seit wenigen Tagen einige „Krippenkinder“, die sich gerade in den Kindergartengruppen eingewöhnen. Die Materialien und das Vorbild „der Großen“ verstärkt ihre Neugier auf das neue Abenteuer nochmal. Der aktuelle Personalmangel in der Kindertagesstätte ließ diesen Prozess früher als geplant ablaufen: Das Geschehen spielt sich nun mehr auf einer Ebene im Haus ab, die Wege sind kürzer, die Zusammenarbeit einfacher. Die jüngeren Kinder fühlen sich im neuen Bereich sichtlich wohl.
„Das Thema Fachkräftemangel ist aber nicht DIE KITA-spezifisch, es betrifft sehr viele Einrichtungen und Branchen. Der Bedarf an Fachpersonal durch die steigenen Kinderbetreuungszahlen und der Stellenmarkt sind groß“, betont DIE KITA-Fachbereichsleitung Elke Wuthe. Sie kann auf ein multiprofesionelles und vielseitiges Team zurückgreifen, das durch seine Verschiedenheit in der Pädagogik profitiert: Ein langjähriges Stammteam ergänzt durch die Auszubildenden, die im besten Fall als Fachkräfte übernommen werden und neue Impulse für die Weiterentwicklung der Einrichtung mitbringen.
Trotz des Fachkräftemangels bleibt die pädagogische Qualität der DIE KITA Kindertagesstätte „Sonnenschein“ gewahrt: Eine sehr gute Kommunikation und Zusammenarbeit der Fachkräfte bilden die Basis hierfür. Eine gute Planung zusätzlicher Aktivitäten, die oft gruppenübergreifend stattfinden, ist weiterhin unerlässlich. So haben die Wackelzähne vor kurzem etwa gemeinsam das Erfahrungsfeld der Sinne in Nürnberg besucht, die örtliche Gärtnerei besichtigt oder den interessanten Besuch der Verkehrspolizei genossen. Doch auch weitere Akteuere der örtlichen Industrie, der Handel, das Handwerk und Gewerbe können in der DIE KITA Kindertagesstätte „Sonnenschein“ eine Rolle spielen: Schon einige Betriebe überlassen „Produktionsabfälle“, nicht verwertbare Restbestände an Materialien, Muster oder Mängelexemplare, die sauber und ungiftig sind, der Kindertagesstätte. „Sie investieren damit in Fantasie, Kreativität, Innovation und mehr Nachhaltigkeit und ermöglichen unseren Fachkräften Umweltbildung auf kreative Weise.“